Dat is DIT: Ein Plausch mit dem Digital Innovation Team des BMI

Kreative Wortwitze, ein pinkes Adoptiv-Alpaka, ein Chef, der kein Chef sein möchte, und ein Team, das sowieso nicht auf ihn gehört hätte: Dat is DIT.

In diesem Beitrag möchten wir teilen, was wir im Gespräch mit Aydan Portakaldali und Jan-Ole Beyer über das Phänomen „DIT“ gelernt haben.[1] Der Anstoß dazu gab ein Hinweis auf hierarchiefreies Arbeiten bei Twitter. So etwas in einer Bundesverwaltung? Das macht neugierig.

Wie DIT losging

Der Koalitionsvertrag sieht die Errichtung einer E-Government-Agentur vor. Er lässt jedoch das Wie und die Ausgestaltung einer solchen Agentur offen. Eine Steilvorlage für Ole. Als Referent des Bundes-CIO suchte er nämlich schon länger nach Möglichkeiten, in der Bundesverwaltung mit innovativen Arbeitsformen zu experimentieren: „Wenn man agiles Arbeiten propagieren möchte, macht es wenig Sinn, für die Gründung einer solchen Agentur einen Aufbaustab zu bilden, der organisatorische und formale Grundlagen klärt, und dann irgendwann in 2-3 Jahren loszulegen. Stattdessen fahren wir den Ansatz: ‚Practice what you preach‘ – und haben ziemlich schnell einfach losgelegt.“ Und so ward das „Digital Innovation Team“ geboren – als Projektgruppe, die als Reallabor fungiert und ausprobiert, wie’s gehen könnte. Die zukünftige Gestalt einer „E-Government-Agentur“ entsteht so beim Gehen. Und beim Gehen kann man sich Gedanken dazu machen, welche der gerade entstehenden Praktiken und Strukturen sich bewähren und verstetigt werden sollten – in einer Welt, die sich in der Zwischenzeit ja auch weiterdreht.

So packte Ole dann seine bunten Ideen und das pinke Alpaka (kein Lama!) unter den Arm und stapfte „von der Skyline zum DIT-Büro in den Keller“. Das Alpaka war übrigens ein Geschenk von Kolleg*innen. „Die wussten: Ich mag Pink. Schon aus Prinzip. Weil es einen gewissen Ruf hat als Farbe. Und ich mag Quatsch.“ Weil auch das DIT-Team ein Faible für Quatsch hat und dafür, Vorurteile zu hinterfragen, wurde „Diggi“ sofort als Maskottchen adoptiert.

Es war übrigens gar nicht so einfach, die richtigen Leute für den Ansatz zu begeistern und Stellen für dieses Thema einzurichten. Und so dauerte es auch etwa 2 Jahre, bis DIT überhaupt loslegen konnte. „Aber es war auch ein großes Glück, dass wir so genug Zeit hatten, um gute Leute zu suchen und zu finden.“ Leute wie Aydan zum Beispiel, ausgeliehen vom Bundesverwaltungsamt, wo sie zuvor als Digitalisierungs- und Organisationsberaterin gewirbelt hat.

Was DIT so treibt

Seit April 2019 macht DIT nun „komische wilde Dinge, trägt auf agile Weise Innovationsmanagement in die Bundesverwaltung“, so Ole. Und zeigt, dass bunte Arbeitsweisen auch in einem Umfeld funktionieren, dessen Ruf eher grau ist. DITs Motto beschreibt er so: „Wir schaffen Raum, um innovative Lösungen für den Staat zu gestalten. Durch Freiheitsraum für Kolleginnen und Kollegen, durch Workshops, Projektbegleitung, Beratung und Möglichkeiten, mal anders zu arbeiten, als man das in der Bundesverwaltung gewohnt ist.“

Was die PG DIT so treibt, dazu gibt diese Folie einen guten Überblick:

 

Die Bilanz nach einem Jahr DIT:

„In über 30 Workshops – manche zwei Stunden lang, manche auch über mehrere Tage – haben wir über 200 Teilnehmerïnnen anhand echter praktischer Fragestellungen Einblicke in die bunte Welt von Design Thinking, agiler Arbeit und Innovationsmanagement gegeben und dabei mehr als 150 Lösungs-Ideen generiert. In ungezählten Gesprächen und Coachings haben wir Kollegïnnen bei der methodischen und konzeptionellen Gestaltung eigener Workshops beraten – von den gut zwei Dutzend Vorträgen und Paneldiskussionen ganz abgesehen.“ (aus dem Geburtstagsbeitrag auf Linkedin).

Wie DIT wirkt

Mittlerweile hat das DIT mehr Anfragen, als es stemmen kann. Weil es präsent ist bei Veranstaltungen und nah dran an den Kolleg*innen der Bundesverwaltung. So entstehen beiläufig viele Gelegenheiten, um festzustellen: Der Kontrast zwischen grauen Fluren und bunten Hawaiihemden ist kleiner als gedacht – im Geiste liegt man gar nicht so weit auseinander.

Es gibt so manche „liebevolle Irritation“, wie wir es bezeichnen würden. Etwa, wenn Aydan über den ganz normalen behördlichen Beschaffungsweg Materialien für den nächsten Workshop beantragt: „Ich hatte eine Liste zusammengestellt von Playmobil über Knete bis Alufolie. Also „seltsame“ Sachen. Und auch das hat funktioniert. Jetzt haben wir zum Beispiel ein Kekskarussell von Playmobil, das in unseren Workshops total beliebt ist. Man muss sich nur trauen und auch in die direkte Kommunikation mit den entsprechenden Leuten gehen.“ Solche Begegnungen haben wiederum eine unwillkürliche Wirkung auf die Kultur.

Für Irritationen sorgt manchmal auch eine Festlegung des DIT für alle Workshops und Veranstaltungen – unabhängig davon, mit wem bzw. mit welcher hierarchischen oder politischen Ebene man es gerade zu tun hat: Das Arbeits-Du. Eine „Zu-Mut-ung“, die für viele ein Türchen zu einer anderen Kultur öffnet. Für andere mitunter eher ein „Kulturschock“, der zunächst zu Abwehr führt und es nicht leicht macht, sich auf diese Kultur im Workshop einzulassen. Deshalb ist das Arbeits-Du auch kein Zwang. Wer sich partout unwohl damit fühlt, kann das jederzeit äußern – zum Beispiel, indem die Person auf dem Namensschild den Nachnamen statt den Vornamen notiert.

DIT kann man einfach ansprechen. Ole nennt ein Beispiel: „Da kommt nach einer Veranstaltung jemand auf uns zu und sagt: ‚Ich plane für mein Referat einen Strategieworkshop und ich habe keine Lust darauf, dass wir den so machen wie sonst – alle sitzen im Kreis und jeder sagt irgendwas. Ich würde das gern mit einem kreativen, etwas anderen Ansatz erproben. Und mit externer Moderation. Könnt ihr das machen?‘ Und das tun wir dann eben.“ Das macht das Angebot so niederschwellig. Man muss nicht erst eine Moderation von draußen beantragen und beschaffen. So können sich die Kolleg*innen im Bund schnell und einfach neue Impulse in ihr Team holen.

Über solche Anfragen wird flott im Team entschieden, wie Aydan erläutert: „Dabei prüfen wir zuallererst: Passt das zu unserer Mission? Können wir hier mit unserem agilen, innovativen Ansatz wirksam sein? Und dann: Können wir das leisten? Wenn ja: in welcher Form? Anschließend gibt es ein erstes Gespräch mit den Leuten und dann legen wir einfach los.“

Immer wieder geht es um Bestärkung. Aydan: „Wir propagieren immer: Probiert es einfach aus – einfach mal machen! Ihr müsst keine Experten sein, ihr könnt mit ganz kleinen Dingen anfangen. Macht eure eigenen Erfahrungen. Denn das, was für euch funktioniert, muss ja nicht im Referat Sowieso oder in der Kommune Xy funktionieren. Und wir ermutigen: Das könnt ihr selbst entscheiden. Wenn ihr zum Beispiel in eurem Team einfach mal ein ‚Daily‘ ausprobieren wollt, dann braucht ihr dafür kein offizielles Okay von oben“.

Da die Anzahl der Anfragen steigt und das DIT zunehmend an Kapazitätsgrenzen stößt, rückt aktuell wieder stärker in den Fokus, was man sich eigentlich von Beginn an auf die Fahne geschrieben hat: Nicht Dienstleister zu sein, sondern Enabler. „Wir wollen Kolleginnen und Kollegen dazu befähigen, Dinge selbst zu tun. Idealerweise braucht es eine Einheit wie uns ins 5-10 Jahren nicht mehr“, so Ole.

Das ist im ersten Jahr ein wenig untergegangen. „Da haben wir dann mitunter einen tollen Workshop gemacht, anschließend die Doku rübergeschickt und das war’s. Da ist kein wirkliches Learning passiert“.  Es ist verführerisch, für beide Seiten der einfachere Weg, wenn das DIT den Prozess selbst gestaltet – für die Kunden entlastend, für das DIT weniger aufwändig. Stattdessen möchte das DIT als „Enabler“ die internen Kunden stärker in die Pflicht nehmen. Wer möchte wirklich etwas lernen und verändern? „Man muss es stärker einfordern. Das sind die Ansprechpartner*innen auf der anderen Seite oft gar nicht gewohnt. Da müssen wir einfach auch mutiger sein: Hey, entweder so oder gar nicht“, so Aydan.

Zudem geht es ja nicht nur darum, methodische Fähigkeiten im Bereich Moderation und Innovation zu vermitteln – diesen Teil können sich die Leute noch relativ leicht „draufschaufeln“. Aydan: „Wir hatten diese Skills ja auch nicht. Das haben wir gelernt. Da gibt es auch viele Work Hacks, kleine Mittel, mit denen man neue Arbeitsweisen step-by-step einführen kann. Aber was ich im letzten Jahr vor allem wahrgenommen habe: Letztlich ist es immer eine Haltungsfrage. Es geht darum, sich selbst zu verändern und die Dinge neu zu denken. Und das ist immer anstrengend.“ Das Befähigen und das „Sich-überflüssig-machen“ stellen für beide Seiten definitiv den schwierigeren und zeitaufwändigeren Ansatz dar– aber auch den nachhaltigeren.

Um nun auch außerhalb von Workshops weitere Personenkreise zu befähigen und die Auseinandersetzung mit dem eigenen Mindset anzuregen, bastelt das DIT gerade an einer kleinen Videoreihe mit Kurz-Impulsen zu agilen Arbeitsformen in der Verwaltung, plant einen Podcast, Qualifizierungen, … „Aber da geht es uns auch wie euch: Wir haben zu viel in der Pipeline für die Man- und Woman-Power, die wir haben“, so Ole.

Deshalb nutzen und unterstützen sie auch andere Netzwerke und Initiativen von Leuten, die schon Erfahrungen mit neuen Arbeitsweisen gemacht haben – und die sich so auch gegenseitig stärken und befähigen können. So bringt zum Beispiel das NExT-Netzwerk, das eng mit DIT verdrahtet ist,  Vordenkende und aktiv Gestaltende aus Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden über föderale Grenzen hinweg zusammen (kleiner Werbeblock: am 20. August findet übrigens online das NExT-Barcamp statt). Hier gibt es viele Gemeinsamkeiten zur Idee der Initiative Verwaltungsrebellen. Ole: „Wir merken, es gibt wahnsinnig viele Einzelkämpfer. Im Bund, in den einzelnen Behörden. Die für Innovation gar nicht zuständig sind, die aber das Thema flasht. Genauso wie in den Kommunen. Da gibt es ja nicht nur das GovLab Arnsberg oder die großen Namen. Sondern einen Haufen Leute, die kein Mensch kennt, die aber von dem Thema begeistert sind und etwas verändern wollen. Diese Leute muss man zusammenbringen“.

Wie DIT sich selbst organisiert …

Aydan berichtet aus den Anfängen von DIT: „Ganz zu Beginn haben wir gesagt: Ok, wir lassen jetzt mal die Hosen runter [also metaphorisch, Anm. der Redaktion 😊]. Was kann ich gut, welche Kompetenzen habe ich? Worin bin ich ganz schlecht? Damit sind wir sehr transparent umgegangen. Das ist – egal ob in der Verwaltung oder sonstwo – ja noch gar nicht so verbreitet: Dass man sich als Team als Organismus wahrnimmt, zu dessen Funktionieren jeder Unterschiedliches beitragen kann“.

Das war die Grundlage, um drei Teilteams zu bilden, die je einen der Arbeitsschwerpunkte verantworten: Projekte und Umsetzung, Kommunikation und Strategie. Die selbstorganisierte Arbeitsweise bringt Aydan prägnant auf den Punkt: „Die Personen, die dieses Thema beackern, sind darin autonom unterwegs. Sie dürfen selbständig entscheiden, unabhängig von der Laufbahngruppe. Dabei arbeiten wir nach dem Ratgeberprinzip: Wenn meine Themen die Themen der anderen Teams tangieren, hole ich mir deren Rat ein und entscheide dann basierend auf den Informationen, die ich erhalten habe. Wir haben es noch nie so gehandhabt, dass Ole als formaler Leiter des DIT dazu noch sein Okay geben muss. Es kann sein, dass er mal sagt: ‚Finde ich nicht so gut.‘ Aber dann auch: ‚Wenn das laut deiner Kompetenz passt, dann ist das so.‘ Wir arbeiten nach innen hierarchiefrei.“

Zwei Rahmenbedingungen haben sich als sehr förderlich erwiesen, um diese selbstorganisierte Arbeitsweise von Anfang an zu leben:

Zum einen war früh klar, dass Ole drei Monate nach dem Start des Teams in Elternzeit gehen würde – ohne dass eine stellvertretende Projektleitung benannt wird. „Ich habe das Team damit ins kalte Wasser geschmissen. Die Gespräche am Anfang liefen so: Ich hätte dich gern in der Projektgruppe, du würdest da toll reinpassen. Aber übrigens: Ich bin nach drei Monaten weg und dann müsst ihr allein laufen.“ Auch wenn der Prozess nicht immer einfach war, meint Aydan: „Das war das Beste, was uns hätte passieren können. So mussten wir eben: einfach machen.“ Mittlerweile möchte es keiner mehr anders – und es wäre auch gar nicht anders möglich, weil Ole nach seiner Elternzeit in Teilzeit in den Job zurückgekehrt ist.

Zum anderen ist die Einheit formal als Projektgruppe angelegt und direkt beim Bundesbeauftragten für IT angesiedelt. Ole ist somit Leiter der Projektgruppe, Dienstvorgesetzter ist der Staatssekretär.

Auch wenn das einfach klingt: „Das ist ja nicht der Standard in der Verwaltung, dass man selbst entscheiden muss. Das hat auch zu Reibereien geführt und zu Schwierigkeiten, die eine oder andere Entscheidung selbst zu treffen. Am Ende wurde dann doch zu mir rübergeguckt, aber ich hab‘ die Verantwortung halt nicht übernommen. Das war blöd, weil dann erstmal nichts passiert ist. Aber schließlich hat doch der Zuständige entschieden. Das war schon ein Prozess. Der durch die Offenheit des Teams gefördert wurde, ganz klar. Aber wir mussten auch einiges lernen und aushalten als Team“, berichtet Ole. Und Aydan ergänzt aus ihrer Perspektive: „Ich kann mich erinnern, dass wir in Workshops kurz bevor Ole weg war, händeringend gesagt haben: Wir brauchen aber deine Unterstützung! Du hast dich zwei Jahre lang konzeptionell damit auseinandergesetzt und wir wissen viele Dinge einfach nicht. Dass wir raus mussten aus unserer Komfortzone, tat am Anfang weh. Es kann ja auch total anstrengend und nervig sein, Verantwortung zu übernehmen. Aber wenn man dann in dem Modus angekommen ist: Diese Freiheit möchte man nie mehr aufgeben!“.

Selbstwirksamkeit als wichtiger Antrieb – was viele postulieren, erlebt das DIT am eigenen Leib. Aydan: „Die Freiheit, zu entscheiden kann auch zu mehr intrinsischer Motivation führen. Weil die Leute so selbst erleben, dass das, was sie machen, wirksam ist. Sie gestalten aktiv mit. Und gerade in der öffentlichen Verwaltung hat man ja einen großen Impact. Wo, wenn nicht hier kann man wirklich etwas Gutes für die Gesellschaft tun. Wenn ich dann als Person sagen kann: Diese Entscheidung, die ich getroffen habe, hat dazu geführt, dass dieses und jenes gemacht wurde: Das ist ein riesen Motivationsschub. Ansonsten erledige ich einfach nur herunterdelegierte Aufgaben, die am Ende jemand anderes abzeichnet, der inhaltlich nichts damit zu tun hatte und gar nicht nachvollziehen kann, was ich da eigentlich gemacht habe – und der erntet dafür die Lorbeeren. Stattdessen bekomme ich Anerkennung: Meine Arbeit, mein Fleiß wird gesehen. Das führt zu mehr Power, zu Empowerment.“

Hier ist er wieder: Der Vorteil des „Drinnenseins“. Das DIT hat den Prozess, den es bei anderen anstoßen möchte, selbst – mitunter schmerzhaft – durchgemacht. Und auch das macht es so authentisch, wenn es sagt: Traut euch, es ist nicht immer einfach, aber es lohnt sich!

… und wie es nach außen auftritt

Bei aller Selbstorganisation ist aber klar: Auch wenn nach innen andere Regeln gelten, befindet sich das DIT innerhalb einer formalen Hierarchie.  „Selbstorganisation heißt Selbstorganisation im Team. Wir sind keine freischwebende Einheit. Außerhalb des Teams halten wir uns an die normalen BMI-Regeln. … Meistens. 😊“, so Ole.

„Anfangs habe ich bei mir immer „Leiter der Projektgruppe“ weggestrichen und überall gesagt: ‚Ich bin nur der, der sich zufällig um Strategie kümmert.‘ Das versteht aber draußen keiner. Daher bin ich dazu übergangen, zu akzeptieren, dass ich nach außen als Leiter auftrete, aber das nach innen eben anders lebe“.

Das zeigt: Selbstorganisation im Team macht Führung nicht überflüssig – aber sie verändert Führung. Aydan dazu: „Ich glaube, dass das bei uns nur funktioniert hat, weil Ole das lebt und davon überzeugt ist. Er hat zum Beispiel auch immer wieder penetrant die im Team verantwortlichen Personen zu entsprechenden Terminen mitgenommen. Ich erinnere mich, dass ich in den ersten Wochen plötzlich als ‚normale Sachbearbeiterin‘ in einem Termin mit dem australischen CEO von Digital-sowieso saß. So etwas gibt es sonst nicht“.

Ole dazu: „Führung brauchst du am Ende immer irgendwo. Die Frage ist, welche Rolle sie hat. Ich kümmere mich um strategische Fragen, was klassischerweise eine Führungsaufgabe ist. Aber es gibt eben auch Führungsaufgaben, die ich nicht übernehme. Und das gibt mir wiederum Freiräume für andere Aufgaben“.

Was Ole auch wichtig ist, an dieser Stelle zu sagen: „Agilität ist ein Hypethema. Scrum ist ein Hypethema. Selbstorganisation ist ein Hypethema. Aber das rettet alles nicht die Welt. Und es ist auch nicht alles Bullshit, was Max Weber vor einigen Jahrzehnten mal aufgeschrieben hat zu Bürokratie. Das macht an verschiedenen Stellen durchaus Sinn. Am Ende geht es darum, eine Balance zu finden und zu schauen, wo braucht es mehr von dem einen oder dem anderen. Für eine Einheit wie uns ist es großartig, selbstorganisiert zu arbeiten. In anderen Bereichen kann es sinnhaftig sein, klare Strukturen und Zuständigkeiten zu haben. Da muss man im Einzelfall schauen. Es gibt keine allgemeine Weisheit.“

Als Innovationseinheit Teil des Ministeriums zu sein, fordert heraus und zeigt zugleich die Chancen: Teil eines Ganzen sein, aber dennoch irgendwie anders. Sich in den Strukturen bewegen, aber trotzdem innerhalb gewisser Spielräume „sein Ding“ machen. Die Innensicht kennen, aber trotzdem einen anderen Blickwinkel bewahren und einbringen können. Und dadurch am eigenen Leib erfahren und zeigen können: Das passt zusammen! Oder wie es Ole formuliert: „Vieles wird einfacher dadurch, dass wir sagen können: Wir sind zwar die Freaks, aber wir sind auch Teil des Bundesinnenministeriums. Wenn das sogar hier geht, dass Leute im Hawaiihemd rumrennen und Alpakas auf den Tisch stellen. So what? Bei wem soll es dann nicht gehen?“

Ausblick

Die Laufzeit des DIT ist bis Ende des Jahres angesetzt, dann wird es spannend: Wie geht’s weiter? „Ich glaube, eine wesentliche Aufgabe einer verstetigten Form des DIT könnte – neben dem, was wir eh tun – sein, die verschiedenen Player im Umfeld innovativer Verwaltung zusammenzubringen. Neben dem NExT-Netzwerk gibt es da zum Beispiel die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung mit ihren Fortbildungen, das Bundesverwaltungsamt, das auch eine starke interne Beratung hat, verschiedene Innovationslabore in der Bundesverwaltung, die Initiative Work 4 Germany beim Bundeskanzleramt, … Im Moment ist die große Fragestellung: Wie können wir diese Player vernetzen und dafür sorgen, dass zunehmend ein Angebot aus einem Guss entsteht und mehr gemeinsam passiert? In welcher Form, das ist noch offen. Man darf da auch nicht den Fehler machen „One to rule them all“ – also eine Einheit zu etablieren, die alles rettet“.

Und wenn wir noch weiter in die Zukunft schauen? „Dann braucht’s uns irgendwann nicht mehr. Spätestens, wenn ich in Pension gehe, möchte ich überflüssig sein“, grinst Ole.

 

Im Gespräch mit dieser Truppe schnell klar: Hier wird kein Innovationstheater[2] gespielt. Bei allem Faible für „Quatsch“ und aller Leichtigkeit verfolgt das DIT die Vision einer innovativen Bundesverwaltung mit großer Ernsthaftigkeit und Leidenschaft.

Wie schön, dass es euch gibt – als Projektteam und als engagierte, verwaltungsverliebte Menschen!

 

[1] Außerdem fließen in diesen Beitrag Impulse und Folien aus der „Meet the Experts“-Session beim Zukunftskongress 2020 ein – nachzuschauen hier: https://www.youtube.com/watch?v=GrhwCzx_d6Q

[2] Ole: „Mit diesem Begriff beschreibt Stefan Kaufmann vom Verschwörhaus in Ulm gern das Phänomen der vielen Innovationlabore, die wie Pilze aus dem Boden schießen, aber oft nicht über das innovatives Label hinauswachsen“.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert