Alle Artikel von Sabine Schwittek

No risk, no Verwaltungsmodernisierung? Impulse für einen systematischen Umgang mit Risiken

Ein Seiltänzer aus Pappe balanciert über eine schmale Stange am Gasometer Berlin.

Verwaltungshandeln birgt Risiken. Das Risiko, dass ein Bescheid rechtlich angefochten wird. Das Risiko, dass Steuergelder in eine neue digitale Dienstleistung investiert werden, die kaum jemand nutzt. Das Risiko, viel eigene Energie in eine Veränderung zu stecken, die vor (hierarchische) Wände läuft.

Die öffentliche Verwaltung ist auf Rechtssicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität ausgerichtet – und das ist gut so! Es ist naheliegend, dass damit eine Kultur einhergeht, die versucht, Risiken zu vermeiden – etwa durch akribische Regelungen.

Im Kontext der Verwaltungsmodernisierung wird der Verwaltung nun aber abverlangt, mehr Risiken einzugehen. Gefordert wird agiles Arbeiten, das Flexibilität, Experimentierfreude und schnelles Handeln erfordert: Einfach mal machen! Ausprobieren und aus Fehlern lernen! Manch einer fordert gar „brauchbare Illegalität“[1], also das pragmatische und umsichtige „Biegen und Brechen von Regeln“[2]. Weiterlesen

Die Team-Charta – ein Instrument für Neues Arbeiten beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)

Foto einer Workshop-Situation. An einer Pinnwand und Fensterfront hängen zahlreiche bunte Klebezettel. Verschiedene Personen sitzen zusammen und schauen auf eine Person, die die gerade Zettel anklebt.

„Wie können wir Teams unterstützen, ins Neue Arbeiten zu kommen?“ Diese Frage stellte sich das Team der Organisationsentwicklung beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), als nach der Coronakrise absehbar war, dass mobiles, flexibleres Arbeiten zum „neuen Normal“ wird.

Das OE-Team fungierte 2022 als Testlabor, um zu erproben, wie sich die neue Dienstvereinbarung „Flexibler Arbeitsplatz im LWL“ in der Praxis umsetzen lässt und wie sich Zusammenarbeit dadurch verändert. Hier entstand die Idee einer Team-Charta, die partizipativ in einem Team erarbeitet wird und Klarheit über Ziele, Rollen und Regeln der Zusammenarbeit schafft.   Weiterlesen

Agile Organisationsentwicklung in der Verwaltung – die Projektwerkstatt von IT.NRW

Collage mit Bildern der Projektwerkstatt von IT.NRW

Beim Landesbetrieb Information und Technik NRW (IT.NRW) haben einige veränderungsfreudige Menschen ein interessantes Experiment angezettelt. Ohne viel Aufsehen, so dass ich noch nie etwas davon gehört hatte – bis ich 2022 Mareike Weber in einer KIWI-Veranstaltung traf. Was sie berichtete, schien recht unglaublich. Selbstorganisation und hierarchiearmes Arbeiten werden in der Projektwerkstatt von IT.NRW so weit getrieben, wie ich es von Einheiten dieser Größenordnung in der Verwaltung bisher noch nicht kannte. Von diesem beeindruckenden Praxisbeispiel sollte die Welt erfahren! Daher haben Doro und ich die Projektwerkstatt zum Interview eingeladen und möchten euch hier nun von ihrem Experiment berichten.[1] Weiterlesen

Die eigenen Aufgaben sortieren und priorisieren – mit der Methode „Rollen-Verortung“

Collage aus Screenshots des Excel-Tools zur rollen-Verortung

Na, gehen Sie entspannt der Weihnachtszeit entgegen? Oder mit hängender Zunge, weil Sie doch wieder auf zu vielen Baustellen und mit zu vielen „Hüten“ unterwegs waren in diesem Jahr? Falls Sie zu der zweiten Fraktion gehören, mag dies in akutem Personalmangel begründet liegen. Oder in einer Führungskraft, die Ihnen immer neue Feuerwehreinsätze auf den Schreibtisch packt, ohne zu klären, was stattdessen liegenbleiben kann. Oder in verschiedenen Projekten, die nach Ihnen rufen – gerade dann, wenn Sie zu den Schlüsselpersonen gehören, bei denen alle möglichen Themen „gut aufgehoben“ sind. Auch selbstorganisiertes Arbeiten verführt oft dazu, sich selbst oder sich als Team zu viel zuzumuten.

Egal, was die Ursache ist: Überlast tut auf Dauer nicht gut. Gefragt sind Priorisierung und (Selbst-)Steuerung. Und das wiederum kann nicht jede:r automatisch. Dabei hilft passendes Handwerkszeug. Eines davon ist die Methode „Rollen-Verortung“ von Neue Narrative (Magazin und Tool-Plattform für Neue Arbeit)[1]. Bei IT.NRW hat sich dafür mittlerweile der Begriff „Prio-Board“ etabliert. Meine Kolleg:innen Mareike Weber und Pascal Faßbender und ich haben die Methode genutzt, weil wir selbst auch gemerkt haben, dass wir in zu viele Themen eingebunden sind. Pascal hat die Methode entdeckt und flott in einen Excel-Prototypen überführt, den wir gemeinsam weitergestrickt und erprobt haben. Die Methode und ihre Einsatzmöglichkeiten möchten wir Ihnen in diesem Beitrag vorstellen.

Vielleicht nehmen Sie ja den Start ins neue Jahr zum Anlass, damit Ihre Aufgaben und „Hüte“ zu sortieren und zu priorisieren? 😉 Dann nutzen Sie dafür gern das Excel-Tool, das wir am Ende des Beitrags zum Download bereitstellen. Weiterlesen

Aufgabenmanagement mit dem Kanban-Board (Teil 2/3) – Die praktische Arbeit mit dem Board

Abstrakte Illustration eines Kanban-Boards. Zwei Frauen stehen davor und arbeiten daran.

In Teil 1 unserer Kanban-Reihe haben wir einen Überblick gegeben: Welche Prinzipien der Kanban-Methodik zugrunde liegen, welche Zwecke sie erfüllt, wie die Arbeit mit dem Board grob funktioniert und welche Anwendungsmöglichkeiten es gibt.

In diesem zweiten Teil möchten wir nun sehr praktisch und konkret werden und dabei auch unsere mittlerweile fast 10-jährige eigene Erfahrungen mit dem Kanban-Board einfließen lassen. Es geht um folgende Fragen, die Sie individuell oder im Team klären sollten:

  • Einsatzzweck und Zugriff: Wer braucht das Kanban-Board für welche Aufgaben und wer kann darauf zugreifen?
  • Haptische versus digitale Kanban-Boards: Warum digitale Boards praktisch sind – und es sich trotzdem lohnt, mit einem „anfassbaren“ Board zu starten.
  • Das Board strukturieren: Verschiedene Möglichkeiten, das Board in Spalten (und Zeilen) einzuteilen.
  • Aufbau und Elemente der Aufgabenkarten: Von Zettelfarben, Zuständigkeiten, Checklisten usw.
  • Die praktische Arbeit mit dem Kanban-Board – und wie man es in den Alltag integrieren kann. 

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Aufgabenmanagement mit dem Kanban-Board (Teil 1/3) – Grundlagen und Einsatzmöglichkeiten

Abstrakte Illustration eines Kanban-Boards. Zwei Frauen stehen davor und arbeiten daran.

Immer wieder haben wir überlegt: Sollen wir wirklich noch einen Blogbeitrag zum Kanban-Board schreiben? Es gibt doch schon unzählige (Kurz-)Darstellungen dazu im Netz… Nun haben wir uns doch dazu entschieden. Denn: Die Methode Kanban-Board an sich ist total simpel und schnell erklärt. Aber: Bei der Umsetzung hat sie’s dann doch in sich.

Wie immer in unseren Blogbeiträgen möchten wir daher sehr praktisch und konkret werden, wenn es um Einsatzmöglichkeiten, Herausforderungen, Tipps & Tricks rund um den Einsatz in öffentlichen Verwaltungen geht. Und auch unsere mittlerweile fast 10-jährige eigene Erfahrung mit dem Kanban-Board einfließen lassen.

Ja, dadurch ist der Beitrag wieder mal recht lang geworden. So lang, dass wir ihn in drei Beiträge aufteilen:

Vorab der rote Faden, an dem wir uns entlanghangeln:
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Quo vadis OZG? Peter Adelskamp (CDO der Stadt Essen) über den ganz normalen Wahnsinn der Verwaltungsdigitalisierung

Peter Adelskamps Interpretation von Munks "Der Schrei" - mit dem er einen kreativen Mitarbeiter-Wettbewerb gewonnen hat. Zu sehen ist Peter Adelskamp, der die Poste und Mimik des Schreis imitiert. Im Hintergrund eine selbstgemalte Landschaft mit einem Fluss und einer Brücke mit zwei Personen.

Digitalisierung der Verwaltung in Deutschland: Es ist ja nicht so, als würde es nicht vorangehen. Aber eben zu langsam, zu kompliziert, zu wenig nutzerorientiert. Sinnbildlich dafür steht das Onlinezugangsgesetz (OZG). „Das OZG ist erfolgreich gescheitert“, sagt Peter Adelskamp, Chief Digital Officer (CDO) der Stadt Essen. Da haken wir nach und möchten in diesem Beitrag der kommunalen Perspektive auf Digitalisierung und OZG Raum geben. Denn, so Adelskamp: „Wir sollen das OZG zwar in weiten Teilen umsetzen. Aber bei der Entwicklung des Gesetzes saßen die Kommunen nur am Katzentisch und wurden nicht so recht mitgedacht.“

In diesem Beitrag geht es darum, …

  • … wie die Stadt Essen an Digitalisierung und OZG herangeht,
  • … was das OZG gebracht hat und woran es hakt – mit Beispielen aus dem kommunalen Alltag, bei denen man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll,
  • … was Kommunen fordern und was das OZG 2.0 diesbezüglich bringt,
  • … wie man es schafft, nicht verrückt zu werden an der Aufgabe Verwaltungsdigitalisierung.

Quelle Beitragsbild: Peter Adelskamp (seine Interpretation von Edvard Munchs „Der Schrei“ – mit dem er einen kreativen Mitarbeiter-Wettbewerb gewonnen hat).
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„Projekte machen Verwaltung fit, wir machen Projekte fit“ – Das V-Büro der Freien Hansestadt Bremen

Das V-Team - Zeichnungen der acht Teammitglieder

Digitalisierung, gesellschaftliche Herausforderungen und Krisen, eine Arbeitswelt im Wandel, … Mit den Forderungen nach Veränderung steigt auch die Anzahl der Projekte, die Verwaltungen parallel zum Tagesgeschäft bewältigen muss. Die Fähigkeit, einmalige, zeitlich begrenzte und oft komplexe Vorhaben zu planen und umzusetzen, ist in Verwaltungen aber (noch) nicht in der Breite vorhanden. Aus diesem Grund etablieren seit einigen Jahren immer mehr Verwaltungen Projektmanagement Offices (PMOs), Digitalisierungsteams und andere Unterstützungseinheiten, die die Projektarbeit unterstützen sollen.

Als das Büro für Projekt- und Veränderungsmanagement (kurz: V-Büro) der Freien Hansestadt Bremen 2017 gegründet wurde, gehörte es zu einer der ersten solcher Unterstützungseinheiten. Entsprechend hat das mittlerweile 8-köpfige Team einige Erfahrungen in petto, von denen andere Verwaltungen profitieren können. Und so freut uns sehr, dass Lutz Liffers (Leiter des V-Büros) und Lena Flitta (Team V-Büro) uns im Interview Rede und Antwort gestanden haben und wir in diesem Beitrag davon berichten können …

  • … wie das V-Büro Projekte unterstützt und warum es dabei nicht nur um Methoden, sondern vor allem um soziale Prozesse und einen Kulturwandel geht,
  • … welche Herausforderungen die Projektarbeit in Verwaltungen birgt und wie das V-Büro sie angeht,
  • … wie das V-Büro sich intern organisiert und dabei „Neue Arbeit“ vorlebt.

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Agile Lern-Expedition: Gemeinsam „laut“ experimentieren!

Ein ALEx-Zirkel in Aktion. Vier Personen sitzen an einem Tisch beisammen. Auf dem Tisch sind zahlreiche Materialien ausgebreitet.

Wer oder was ist ALEx?! ALEx steht für „Agile Lern-Expedition“ und ist ein Lernzirkel-Format. Lernzirkel geben einen strukturierten Rahmen, um in einem abgesteckten Zeitraum ein individuelles Ziel zu verfolgen und dabei in einer kleinen Gruppe voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Vielleicht kennt der eine oder der andere  ja das Lernzirkel-Format „Working out loud“? Davon ist auch ALEx inspiriert.

Allerdings haben wir ein Format gesucht, das

  • sich leichter an die Verwaltungsrealität andocken lässt,
  • offener lässt, welches Ziel verfolgt wird – und wie (WOL war uns etwas zu „Vernetzungs-lastig“),
  • agile Arbeitsweisen nutzt,
  • und dauerhaft unter einer offenen Lizenz verfügbar ist.

Also haben wir konzeptionell gebrütet, ein bisschen geschüttelt und gerührt (WOL, Scrum, Experimentierräume, …) und ein eigenes Format entwickelt. So wurde 2018 ALEx geboren. Zunächst entwickelt für eine zweijährige Führungsqualifizierung (wo es bis heute erfolgreich eingesetzt wird), haben wir das Format mitgenommen in das Verwaltungsrebellen-Labor. Dort haben sich zahlreiche Teilnehmer:innen in „Verwaltungsrebellen-Zirkeln“ auf eine Agile Lern-Expedition begeben. Und nach wie vor ist das Online-Netzwerk (früher: „Verwaltungsrebellen-Netz„, mittlerweile: „RuDi„) eine gute Anlaufstelle, um Erfahrungen zu ALEx auszutauschen und Mitstreiter:innen für eigene ALEx-Zirkel zu finden.

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