“Agil” – was heißt das eigentlich?

Wer will nicht agil sein? Da schwingt Lebendigkeit mit, geistige und körperliche Fitness und Flexibilität … Und so erlebt der Begriff derzeit eine Inflation. Die ersten wenden sich schon mit Grausen: “Bleib mir weg mit ‘agil’!” Schade, denn das, was dahinter steckt, hat Beachtung verdient, finden wir.

Die Idee agiler Ansätze: Komplexe Vorhaben und laufende Veränderung gelingen besser, wenn

  • lebendige Querverbindungen zwischen Organisationsbereichen und anderen Akteuren geschaffen werden,
  • kurzgetaktete Zyklen von Planen – Machen – Auswerten an die Stelle aufwändiger langfristiger Planung treten,
  • Interaktion, Feedback und Selbstorganisation gefördert werden.

“Agil arbeiten” umfasst dafür notwendigerweise ein ganzes Bündel von neuen Denkweisen, Praktiken und Strukturen – eine veränderte Kultur der Zusammenarbeit:

Hier eine Auswahl an Denk- und Arbeitsweisen, die einen ersten Eindruck geben, was in der agilen Welt anders ist:

  • Selbstorganisation und unterschiedliche Perspektiven nutzen: Silos aufbrechen, Leute aus verschiedenen Organisationsbereichen / Teams / Gruppen zusammenbringen, die dann selbstgesteuert zusammenarbeiten, intensive Zusammenarbeit mit Interessensgruppen.
  • Vorgehen in Schleifen – „Ausprobieren statt Ausdiskutieren“: Veränderungen werden nicht mehr von A bis Z durchgeplant (und dann kommt doch alles anders…). Stattdessen geht es darum, schnell ins Machen zu kommen, Dinge auszuprobieren, Feedback einzuholen, Erfahrungen auszuwerten – und ggf. aus Fehlern zu lernen.
  • Besprechungen beleben: Zu einem zyklischen Vorgehen gehört auch, dass man sich häufiger, dafür kürzer und zielgerichteter abstimmt. Besprechungen werden gut vorstrukturiert, und aktivierende Methoden sorgen dafür, dass alle Teilnehmenden aktiv mitmachen und dabei auch „auf den Punkt kommen“.
  • „Timeboxing“: Die Idee, durch feste Zeitfenster die Kommunikation und das Handeln zu fokussieren (z. B. feste Zeitfenster für TOPs in Besprechungen oder ein fester Turnus für Abstimmungstreffen). Timeboxing hilft bei der Selbststeuerung und dabei, den Wechsel zwischen Nachdenken / Diskutieren und Machen hinzukriegen.
  • Auf Visualisierung und Transparenz setzen: So kann man z. B. Aufgaben als Team mittels Klebezetteln auf einem Whiteboard festhalten, so den Arbeitsprozess für alle sichtbar machen und sich dann auch vor diesem Board besprechen. In „Scrum“ (einem Rahmenwerk für agiles Projektmanagement) trifft sich das Projektteam jeden Tag für 15 Minuten vor dem Board und spricht über genau drei Fragen: „Was habe ich seit gestern gemacht? Was nehme ich mir bis morgen vor? Was behindert meine Arbeit?“. Im einfachsten Fall sieht ein „Kanban-Board“ so aus wie in dem Beispiel rechts – die Klebezettel wandern also im Verlauf von links nach rechts.

Agile Methoden haben den Charme, dass sie einfach zu verstehen sind. Der Schluss, dass sie daher auch „mal eben“ eingeführt werden können, gilt jedoch nicht. Denn die neuen Arbeitsweisen bringen eine Veränderung der Organisations- und Führungskultur mit sich – und die passiert normalerweise nicht von heute auf morgen.

Wie andere Organisationen sehen sich öffentliche Verwaltungen vielfältigen Anforderungen ausgesetzt: Sie sollen flexibler agieren, innovativer werden, permanent auf Veränderungen reagieren, mit Unvorhersehbarkeit und Komplexität umgehen … Aber sie müssen fast einen Spagat meistern, denn auf der anderen Seite sollen sie Stabilität, Verbindlichkeit, Gesetzestreue und Verlässlichkeit garantieren. Agile Arbeitsweisen sind deshalb auch in öffentlichen Verwaltungen auf dem Vormarsch – oft verbunden mit Stichworten wie „Zusammenarbeit in der digitalen Welt“, „Verwaltung der Zukunft“ oder „Arbeit 4.0“.

Was Agilität nicht bedeutet

Es gibt viele Sorgen – die sind aber nur berechtigt, wenn “Agilität” verwechselt wird mit Regellosigkeit und Unverbindlichkeit. Das kann sich keine Organisation leisten – und Verwaltungen schon gar nicht.

Was notwendig ist, damit agiles Arbeiten erfolgreich wird

Erfolgreiches agiles Arbeiten

  • basiert auf klaren und transparenten Praktiken und vielen Methoden (z.B. für Planungs-, Bearbeitungs- u. Entscheidungsprozesse), die deutliche Rahmen setzen;
  • definiert Schritte klarer, um Abläufe zu beschleunigen;
  • verteilt Verantwortung – präzise und transparent zugeordnet;
  • kann nicht „auf einen Schlag“ eingeführt werden, sondern braucht Lernen. Und fördert es durch kurzgetaktete Zyklen von Planen – Machen – Reflektieren – …;
  • erfordert in einer Organisation immer wieder Standortbestimmung, auf welcher „Betriebssystemstufe“ man agil arbeiten will und kann;
  • funktioniert nur dauerhaft und nachhaltig mit „Slack“ („Spiel“) – und echtem Gestaltungsspielraum für Teams.

So energetisiert und motiviert agiles Arbeiten, es aktiviert die Eigenverantwortung – und zieht motivierte, interessierte und gestaltungswillige Menschen an.

Einsatzmöglichkeiten für agile Methoden

Hier einige Beispiele für Gestaltungsfelder, in denen agile Arbeitsformen in Verwaltungen hilfreich zum Einsatz kommen können:

  • die Koordination und Kommunikation in Projekten verbessern (z. B. durch Ideen aus „Scrum“)
  • die Arbeitsorganisation von Teams optimieren (z. B. durch Nutzung von „Kanban-Boards“)
  • die Gremienarbeit mittels agiler Besprechungsformen beleben (feste Zeitfenster, zielgerichtete und aktivierende Moderationstechniken, visuelle Prozessunterstützung)
  • Prozesse verbessern und Probleme im Arbeitsalltag anpacken – innerhalb eines Teams und zwischen Organisationsbereichen (z. B. im Rahmen regelmäßiger, einstündiger „Verbesserungsworkshops“).
  • Vernetzung und Erfahrungsaustausch zwischen Teams und Organisationsbereichen fördern (z. B. durch „Lean Coffee“)
  • mit agilen Denk- und Arbeitsweisen die Führungskultur fit machen für die Arbeitswelt der Zukunft
  • die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit in Netzwerken und Kooperationen erhöhen – also dort, wo es keine formale Weisungsbefugnis gibt

Und wie agiles Arbeiten in Verwaltungen nun aussehen kann, dazu finden Sie in diesem Blog zahlreiche Methoden und Anwendungsbeispiele!

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