Verwaltungsrebellen-Meetups – Eine Anleitung und Einladung zum Ausprobieren (3/3)

Gruppenbild virtuelles Meetup

Teil 3: Ablauf und Methode der Meetups

So, jetzt aber. Nach Teil 1 (Sinn und Idee solcher Vernetzungstreffen) und Teil 2 (rund um eine gute Vorbereitung) tauchen wir nun in die eigentliche Veranstaltung ein.

Für die Meetups nutzen wir eine Mischung aus der Barcamp– und Lean Coffee-Methode. Zusätzlich nehmen wir uns im letzten Teil der Veranstaltung Zeit, um Anknüpfungspunkte zu vereinbaren, mit denen Ideen aus den Meetups (gemeinsam) weiterverfolgt werden können.

Die Treffen laufen nach einer recht gleichbleibenden Struktur ab. Das folgt der Idee der agilen Rituale: Die einzelnen Schritte spielen sich mit der Zeit mehr und mehr ein, so dass wir uns auf die Inhalte konzentrieren können. „Timeboxing“ sichert ab, dass wir die Zeitdauer einhalten und wir die gemeinsame Zeit fokussiert nutzen.

Trotzdem entwickeln wir das Format ständig weiter. Aus jedem Meetup gehen wir mit neuen Lessons Learned, aus denen wir Veränderungen für’s nächste Mal ableiten. Der hier dargestellte Ablauf ist also auch als „work in progress“ zu verstehen:

Die Zeitspannen sind abhängig vom Setting: Beim Präsenz-Setting gehen Einstieg und Session-Planung etwas flotter von der Hand und Sie haben mehr Zeit für den Austausch in den Sessions. Im Online-Setting dauert es erfahrungsgemäß länger, bis Sie in die erste Session starten.

Eintrudelphase (vor Beginn des Meetups)

Meetups - Eindruck von einer EintrudelphaseAls wir uns noch in Präsenz getroffen haben (damals…), haben wir den Leuten immer empfohlen, schon 15-20 Min. früher zu kommen. Das gibt Gelegenheit, vorab miteinander ins Gespräch zu kommen. Und je nachdem, wo ihr euch trefft, können die Leute sich auch von der Location inspirieren lassen. In unserem Fall: Im Künstlerdorf Unperfekthaus gibt’s viel Kreatives zu entdecken, und der Co-Working-Space Impact Hub Ruhr ist ein schönes Beispiel für die Gestaltung moderner Arbeits- und Austauschräume.

Auch im Online-Setting schalten sich viele schon früher in die Konferenz ein und plaudern ein wenig. Hier haben die Teilnehmer:innen dann auch die Gelegenheit, durch die Steckbriefe zu schauen, die die anderen vorab gefüllt haben (s. Kap. „Infos vorab“ im vorigen Blog-Beitrag), und ihren eigenen zu ergänzen.

Wenn es vorab schon nett ist, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass zur Startzeit alle da sind. Wir legen Wert darauf, dann auch pünktlich anzufangen.

Einstieg, Speeddating Überblick (20-30 Min.)

Bei der Begrüßung ordnen wir das Meetup kurz ein und erläutern den Sinn und Nutzen einer solchen Veranstaltung.

Anschließend gibt es etwas Zeit für’s gegenseitige Kennenlernen.

Als die Gruppen noch etwas kleiner waren, sind wir mit einer Runde eingestiegen, bei der jede:r den Namen, die Organisation und einen „Hashtag“ genannt hat („Mein Stichwort: Was mich bewegt hat, heute hier zu sein“).

Mittlerweile (spätestens ab einer Gruppengröße von etwa 12) starten wir mit einem „Speeddating“, auch bekannt als „Impromptu Networking“. In zufälligen Konstellationen von 2-3 Personen tauschen sich die Teilnehmer:innen 5 Minuten lang zu einer Frage aus. Das machen wir insgesamt drei Mal in unterschiedlichen Konstellationen und zu unterschiedlichen Fragen.

Fragen für das SpeeddatingSo entstehen schon erste Verbindungen, und alle sind aktiviert.

Nun stellen wir kurz den weiteren Ablauf des Meetups vor. Der erklärt sich anhand der vorbereiteten (virtuellen) Pinnwände fast von selbst.

Sprechblase zum Fokus des Meetups: Was können wir machenSpätestens hier weisen wir auf den Fokus des Meetups hin: Was können WIR machen? Klar, es kann auch mal hilfreich und entlastend sein, sich mit anderen auszuko… ähm -sprechen, was in der Verwaltung nicht so rund läuft. Und wie viel besser, schneller, einfacher alles laufen könnte, wenn doch bloß … Uns ist aber wichtig, dass wir im Meetup flott die Kurve kriegen und die folgenden Fragen in den Mittelpunkt stellen: Was können wir tun? Was kann jede:r Einzelne machen, um kleine Veränderungen in Gang zu setzen? Was können Verwaltungsrebell:innen gemeinsam bewegen? Denn das zeigen ganz viele Rückmeldungen: Der Frust über all das, was nicht geht, ist viel einfacher zu ertragen, wenn man zwischendurch das Gefühl hat, nicht machtlos zu sein und im Kleinen doch auch etwas beeinflussen und verändern zu können. In den Meetups geht es nicht darum, das große Rad zu drehen, sondern um viele kleine Schritte, die gemeinsam einen Unterschied machen.

Session-Planung (20-30 Min.)

Im Online-Setting ist nun der Zeitpunkt, bei dem wir gemeinsam zur Online-Pinnwand wechseln. Auch wenn wir vorab eine technische Einführung anbieten, braucht es hier meist noch ein wenig Orientierung und Tipps zur Handhabung des Tools.

Hinweis: Hier zeigen sich manchmal technische Probleme, die wertvolle Zeit kosten. Vieles können wir durch die Infos und Einführung vorab vermeiden. Aber nicht immer haben neue Meetup-Teilnehmer:innen daran auch teilgenommen. Daher ist es sehr entlastend, wenn es für Leute mit technischen Problemen eine dritte Moderator:in gibt, die den Chat im Auge behält und ggf. einzelne Teilnehmer:innen mit technischen Problemen unterstützt (per Chat, ggf. per Telefon). So können alle anderen im Plenum schon mal weitermachen im Programm.

Bereits vor der Veranstaltung und dann nochmal in der Eintrudelphase hatten wir auf unsere Themensammlung hingewiesen und Teilnehmer:innen, die ein Thema mitgebracht haben, gebeten, dieses auf einem Zettel zu notieren.

Themensammlung - Beispiel-Board

Anmerkung zur abgebildeten Themensammlung: Für dieses und alle weiteren Anschauungsbeispiele in diesem Beitrag gilt: Die Namens- u. Ortsangaben sind durch fiktive Angaben ersetzt und somit anonymisiert. Die Inhalte stammen aus durchgeführten Meetups, allerdings gemischt aus unterschiedlichen Veranstaltungen. So wollen wir bestmöglich einerseits dem Anspruch „Echtheit/Authentizität“ und andererseits dem Anspruch „Datenschutz/Nicht-Rückverfolgbarkeit“ gerecht werden.

Nun haben alle die Möglichkeit, Themen zu ergänzen. Es ist hilfreich, wenn die Themengeber:innen auch ihre Namen auf die Zettel schreiben. Da einige nämlich gleich mehrere Themen einbringen, können Sie so beim Verteilen der Themen auf die Zeit-Slots und Räume darauf achten, dass diese nicht zur gleichen Zeit stattfinden.

Die Anzahl der Themen, die bei einem Meetup bearbeitet werden können, richtet sich nach der Zahl der Teilnehmenden, der Anzahl der Runden und der räumlichen Arbeitsbereiche. Wir haben bei einem 2,5-stündigen Meetup bisher immer zwei Runden à 25-30 Minuten vorgesehen. Und wir kalkulieren in etwa mit [Teilnehmer:innenanzahl geteilt durch 6] Arbeitsbereichen bzw. Räumen. Bei 30 Teilnehmer:innen ist also in der Agenda – hier heißt sie „Session-Plan“ – Platz für 2 x 5 Themen.

Bei bis zu 7 Teilnehmer:innen kann übrigens ganz gut im vereinfachten Lean Coffee-Format arbeiten, das wir hier beschrieben haben (also alle Teilnehmer:innen an einem Tisch).

Die Themen lassen wir nicht im Einzelnen vorstellen, weil das zu viel Zeit und Energie kosten würden. Die meisten Themen sind ohnehin selbsterklärend.  Stattdessen lesen wir die Themen nacheinander vor und geben kurz die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen.

Bisher gab es immer mehr Themen als verfügbare Zeiten und Räume. Aber auch wenn das nicht der Fall wäre, würden wir an dieser Stelle eine flotte Punkteabfrage machen, um zu schauen, an welchen Themen das meiste Interesse besteht. Dann heißt es: Jede:r kann drei Punkte vergeben, aber bitte nicht auf seinem eigenen Zettel. In vielen Online-Pinnwand-Tools gibt es dafür eine spezielle Funktion. In Präsenz bekommt bei der Begrüßung sowieso jede:r einen Stift in die Hand gedrückt.

Die Themen mit den meisten Punkten wandern nun in den Session-Plan (im Präsenz-Setting schauen wir dabei, dass wir Themen mit vielen Punkten den größeren Arbeitsbereichen zuordnen und auf verschiedene Zeit-Slots verteilen):

Session-Plan - Beispiel aus Präsenz-SettingHinweis: Falls mehrere Themen einer Person ausgewählt wurden, achtet darauf, dass diese nicht zur gleichen Zeit stattfinden können 😉 Am besten auch die Person kurz fragen, ob es ok ist, wenn sie in beiden Runden Themengeber:in ist (und entsprechend nicht selbst an einer Session anderer teilnehmen kann).

Ein bisschen Qual der Wahl (weil mehrere interessante Sessions zur gleichen Zeit stattfinden) gehört bei dem Format dazu. Aber Sie können an dieser Stelle kurz in die Runde fragen, ob jemand größere Bauchschmerzen mit dem Session-Plan hat – z. B. weil er / sie ganz unbedingt an einer Session teilnehmen möchte, diese aber zeitlich mit der eigenen Session kollidiert. Engagierte Themengeber:innen dürfen hier ruhig mal einen solchen Wunsch äußern…

Austausch zu den Themen in parallelen Kleingruppen (70-90 Minuten inkl. Pause)

Nun startet die erste Runde. Die Teilnehmer:innen verteilen sich selbstorganisiert auf die Arbeitsbereiche, mit den Themen, die sie am meisten interessieren. Im Online-Setting stellen wir deshalb die „Breakout-Sessions“ so ein, dass die Teilnehmer:innen selbst beitreten können und ggf. auch noch zwischen den Räumen wechseln können.

Ab zwei Personen kann eine Session gut stattfinden und sehr mehrwertig sein. Aber letztlich entscheidet hier das „Gesetz der zwei Füße“, ob evtl. doch ein Raum leer bleibt, weil zwar einige für das Thema abgestimmt haben, aber ein anderes Thema in dieser Runde doch noch spannender finden. Wir informieren die Themengeber:innen vorab, dass sie eine Weile warten sollen, ob noch jemand kommt, und sonst zu einem anderen Raum wechseln.

In den Räumen leitet die Person, die das Thema eingebracht hat, die Session ein. Die Person kann, muss aber nicht die weitere Moderation übernehmen. Das – genauso wie die Frage, wie Ergebnisse festgehalten werden – organisiert die Gruppe selbst. Je nach Thementyp bietet sich eine andere Vorgehensweise an. Bei einem „Biete“-Thema kann der / die Themengeber:in nun eine Methode oder Erfahrung vorstellen und anschließend Zeit für Rückfragen und Diskussion geben. Bei einem „Suche“-Thema ihr Anliegen skizzieren und eine Ideensammlung in der Runde anstoßen.

Um Ergebnisse festzuhalten, stehen Flipcharts und Pinnwände bereit. Im Online-Setting besteht die Möglichkeit, den eigenen Bildschirm zu teilen, um Folien oder anderes zu zeigen. Zudem haben wir zu jeder Themenkategorie als Hilfestellung einen Strukturierungsvorschlag mit Timeboxes hinterlegt, den man sich flott auf das Whiteboard kopieren kann, das je Session bereitsteht:

Denn das war zwischendurch ein Thema in den Feedbacks: Wie kann man die Qualität der Sessions und ihrer Dokumentation fördern und unterstützen, dass die gemeinsame Zeit gut genutzt wird?

Hier als Beispiel der Strukturierungsvorschlag für eine Session vom Typ „Ich suche: Inspiration“:

Nach Ablauf der Zeit ertönt ein Gong. Im Online-Setting werden alle automatisch wieder ins Plenum „geschubst“. In Präsenz müssen wir meist ein wenig nachhelfen 😉

Nun ist ein guter Zeitpunkt für eine Pause (10-15 Min.), bevor die nächste Session-Runde startet.

Anknüpfungspunkte vereinbaren (20-30 Minuten)

Im letzten Teil des Meetups geben wir noch etwas Zeit, die Impulse aus den Sessions zu verdauen und Anknüpfungspunkte zu sammeln. Das war nämlich eine häufige Frage nach den ersten Meetups: „Wie geht’s denn nun weiter?“. Schon der Austausch ist wertvoll und manchmal reicht auch der Effekt (in dem Fall gar nicht ironisch): „Gut, dass wir darüber gesprochen haben.“ Aber wir möchten auch fördern, dass – dort, wo es sinnvoll erscheint – Ideen aus den Meetups gemeinsam weiterverfolgt werden.

Dafür haben wir drei Pinnwände zu unterschiedlichen Anknüpfungsmöglichkeiten vorgesehen:

  1. Idee(n), die ich (individuell) weiterverfolgen möchte. Diese Ideen zu teilen, ist interessant für andere, die vielleicht einen ähnlichen Gedanken hatten. Oder die sich durch diese Idee inspirieren lassen. Wenn man auch die Chance eröffnen will, untereinander Kontakt aufzunehmen, braucht es den Namen zum Thema.
  2. Vertiefungstreffen. Manchmal reicht eine Session nicht aus, um ein Thema „fertig“ zu besprechen. Oder es entstehen Veränderungsideen, die man nach dem Meetup gemeinsam weiterverfolgen möchte. Wer mag, kann daher zu einem Thema ein Vertiefungstreffen anbieten – und wer sich dafür interessiert, ordnet sich einem Thema zu. Um die weitere Organisation des Treffens kümmert sich dann ein:e Koordinator:in aus der Runde. Ein paar Beispiele für Vertiefungsthemen, die bereits stattgefunden haben: „Kollaboration als Unternehmenskultur“, „Akzeptanz für agile / neue Arbeitsmethoden fördern“, „Grundsätzliches zum digitalen Arbeiten in der Verwaltung und Bürgerorientierung“, „Digitale Kaffeepause einführen“, „Guter Einstieg in einen Veränderungsprozess nach vielen Anläufen“.
  3. Verwaltungsrebellen-Zirkel. Wer mag, kann sich beim Meetup auch direkt zu einem „Verwaltungsrebellen-Zirkel“ zusammenschließen. Die Methode stellen wir an dieser Stelle kurz vor: Hier unterstützen sich jeweils vier Verwaltungsrebell:innen kollegial dabei, an einer guten Idee dranzubleiben, die sonst im Alltag vielleicht verloren gehen würde. Und nebenbei lernt man bei einer solchen „Agilen Lern-Expedition“ auch agile Methoden kennen und anwenden. Start und Abschluss eines solchen Zirkels werden durch einen Coach begleitet, der die Zirkel-Teilnehmer:innen nach dem Meetup zu einem Auftakt-Workshop einlädt. Auch zu diesem Format werden wir übrigens demnächst noch Erfahrungen teilen.

Verwaltungsrebellen-Zirkel - Überblick über das Format

Im Präsenz-Setting gestalten wir diese Arbeitsphase als eine Art Markt, bei dem Raum ist für Gespräche und Austausch vor und zwischen den Pinnwänden. Im Online-Setting kann jede:r problemlos Zettel auf den drei Pinnwänden hinterlassen. Wir d machen danach (bei Zeitnot) eine Gesamtschau im Plenum oder geben (bei etwas mehr Zeit) noch Raum für Austausch in kleinen Gruppen.

Retrospektive und Abschluss (10 Minuten)

Das Meetup endet mit einem Rückblick und vor allem der Frage nach Verbesserungsideen. Die Einschätzung zur Nützlichkeit des Formats bestärken uns sehr. Und die Hinweise zum „Könnt‘ besser“ haben entscheidend zur Weiterentwicklung des Meetups beigetragen.

Die meisten Hinweise rankten sich bisher übrigens rund um die Technik. Hier haben wir zahlreiche Maßnahmen ergriffen (Mural-Einführung vorab, kleinere Gruppen, technische Voraussetzungen mit der IT abklären, dritte Moderator:in, die bei technischen Fragen unterstützt, …).

Feedback-Board

Wenn es im Online-Meetup am Ende schnell gehen muss, kann auch ein Chat-Feedback ermöglichen, Eindrücke und Tipps flottes kundzutun („Wer mag, schreibt ein kurzes Feedback und bei 3 schicken es alle gleichzeitig ab“).

Den Abschluss haben wir auch schon genutzt, um ganz gezielt Feedback zu einigen Eckpunkten des Meetups einzuholen („Passt die Dauer?“, „Und die Länge der Sessions?“, „Was ist eine gute Uhrzeit“ usw.).

Ein Vorteil im Online-Meetup: Die Pinnwand bleibt nach dem Treffen noch eine Weile verfügbar, so dass Teilnehmer:innen hier auch noch Ergänzungen vornehmen können.

Nach dem Meetup

Einige Tage nach dem Meetup verschicken wir dann noch eine Nachklapp-Mail an die Teilnehmer:innen, in der wir einen Überblick über die Anknüpfungspunkte geben und auch unsere Lessons Learned teilen.

Für’s Selbst-Ausprobieren haben Sie nun hoffentlich genug Futter. Wir freuen uns sehr über Anregungen und Rückmeldungen zu Ihren eigenen Erfahrungen – gern in den Kommentaren unten!  Gruppenbild Meetup

 

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