Immer mehr Verwaltungen überlegen und planen, ihr bisheriges Intranet – meist im Wesentlichen eine Informationsplattform – zu einem „Social Intranet“ zu erweitern: Über die Bereitstellung nützlicher Informationen hinaus schnelle und direkte Kontaktaufnahme und Kommunikation quer durch die Fachbereiche zu ermöglichen („so leicht wie bei Whatsapp“), bereichsübergreifende Diskussionen und Wissensaustausch zu ermöglichen oder auch Arbeitsräume für Projekt- oder Arbeitsgruppen zur Verfügung zu stellen. Um „Silos“ zu überwinden, um hierarchieübergreifend unkompliziert in Austausch und gemeinsame Arbeit zu kommen.
Im Rahmen des Projekts „Verwaltungsrebellen-Labor“ (2020-22) haben wir eine verwaltungsübergreifende Vernetzungsplattform aufgebaut („Verwaltungsrebellen-Netz“ – inzwischen mit neuem Namen „RuDi“ in Trägerschaft des RVR). Das ist etwas anderes als eine verwaltungsinterne Plattform, ganz klar. Aber wenn wir mit Verwaltungskolleg:innen darüber sprachen, wie wir vorgegangen sind, entstand immer wieder die Idee, dass etliches davon durchaus übertragbar sein könnte.
Und deshalb schreiben wir hier einfach mal einige Erfahrungen auf: Was aus unserer Sicht wichtig und ertragreich war. Als Angebot und mögliche Anregung für alle unter euch, die gerade die Idee „Social Intranet“ verfolgen. 5 Schlaglichter haben wir dazu herausgepickt.
Eine Anmerkung vorweg: Wir konzentrieren uns in diesem Blogbeitrag auf das „WIE“ beim Aufbau und Betrieb der Plattform. Wer sich für das „WAS“ interessiert, also was das Verwaltungsrebellen-Netz alles bietet, kann sich in diesem Blogbeitrag schnell einen Eindruck verschaffen.
1. Das „Wozu“ steht am Anfang: Gemeinsame Erkundung mit zukünftigen Nutzer:innen
Auch wenn es verlockend ist, weil man rechts und links hört, wer welche tolle Plattform hat: Vor der Auswahl der Technik steht die Frage: „Wozu wollen und brauchen wir überhaupt etwas Neues für unser Haus?“
Vermutlich wird es in einem Social Intranet nach wie vor eine Service-Bereich geben, in dem nützliche Informationen bereitgestellt und hausweite Neuigkeiten verbreitet werden. Aber was sonst noch? Was soll demnächst möglich sein und ermöglicht werden und worin liegt der Nutzen dabei?
So haben wir uns beim Verwaltungsrebellen-Netz dieser Frage genähert:
Um nicht am Bedarf vorbeizuplanen, haben wir unsere vielen eigenen Ideen im Kopf bewusst nach hinten geschoben und das Gespräch mit einigen potentiellen zukünftigen Nutzer:innen gesucht. Dabei haben wir uns am Vorgehensmodell „Design Thinking“ orientiert:
In den Nutzer:innen-Interviews haben wir also zunächst mal das Hier und Jetzt, den „Problemraum“ erkundet – z.B. mit diesen Fragen:
- Warum & wozu vernetzt ihr euch mit anderen?
- Was macht für euch den Unterschied zwischen „Kontakt zu jemandem aufnehmen“ und „vernetzen“?
- Wie findet ihr derzeit Leute außerhalb eures Arbeitsfeldes, von denen ihr denkt, dass der Kontakt lohnt?
- Nutzt ihr bereits digitale Vernetzungsplattformen oder Social Media?
Welche? Warum diese? Was ist da für euch nützlich? Was vermisst ihr evtl. da noch? - Mit wem würdet ihr euch gern vernetzen, wisst aber derzeit nicht, wie ihr „an die rankommt“?
- Seht ihr auch Schattenseiten bei der Vernetzung?
- Wozu sollte ein zusätzliches Netzwerk überhaupt nutzen?
- …
Und gegen Ende haben wir dann auch erste Lösungsideen eingesammelt, klar – denn motivierte Kolleg:innen haben da natürlich einiges „auf der Pfanne“:
- Wir brauchen einen geschützten Raum – nicht öffentlich – nur Verwaltungsleute
- Es braucht Raum für unkomplizierten Austausch, um „mal schnell“ eine Frage loszuwerden und „mal eben“ zu antworten
- ausführliche Profile der Netzmitglieder – damit man gezielt suchen kann
- intuitiv nutzbar – möglichst einfach halten
Die Interviews haben wir online durchgeführt und alles, was genannt wurde, auf einem Online-Whiteboard festgehalten.
Aus den Interviews haben wir dann User Stories abgeleitet, um die Bedarfe gut auf den Punkt zu bringen –von ihrem Nutzen her, weniger von der technischen Funktionalität im Detail. Diese User Stories waren dann auch die Grundlage für die Ausschreibung und Auswahl der Software.
Das WOZU heißt in einem Social Intranet einer Verwaltung ganz sicher nicht nur „Vernetzung“. Sie werden vermutlich wichtige Informationen und Materialien bereitstellen wollen. Verwaltungsvorstand, Personalrat und andere Stellen im Haus benötigen Kommunikationskanäle, über die sie die Mitarbeitenden zuverlässig erreichen und die auch Resonanz und Kommunikation in beide Richtungen ermöglichen. Und Teams und Gruppen wünschen sich vielleicht Arbeitsräume, um bereichsübergreifend zusammenarbeiten zu können.Was davon soll bei Ihnen im Vordergrund stehen?
Hier kann neben Nutzerinterviews auch der Austausch mit anderen Verwaltungen hilfreich sein, die bereits ein Social Intranet eingeführt haben oder ebenfalls auf dem Weg dorthin sind. Im Verwaltungsrebellen-Netz (inzwischen „RuDi“) hat sich übrigens eine eigene Gruppe zu diesem Thema gebildet.
2. Never walk alone: Eine Begleit-Crew an der Seite haben
Anfang 2021 war die Plattform beschafft (in unserem Fall „Just Social“) und vom Dienstleister bereitgestellt. Nun galt es, den nackten Rohbau des „virtuellen Rebellenhauses“ einzurichten: Wie strukturieren wir die Kommunikationskanäle für News und Austausch? Welche Felder sollten die Nutzerprofile enthalten? Was könnten erste wertvolle Inhalte sein? Wer darf überhaupt rein ins Haus? usw.
Weil wir überzeugt waren, dass auch hier der Sachverstand und Erfahrungsschatz verschiedener Köpfe hilfreich wäre, knüpften wir an die ertragreiche Erkundungsphase an und luden zukünftige Nutzer:innen ein, diese Fragen gemeinsam zu klären. In zwei Workshops legten 13 engagierte Verwaltungsrebell:innen aus 11 Verwaltungen die Grundlage für die Ausgestaltung der Plattform. Und ein Teil von ihnen blieb dauerhaft dabei: im Redaktionsrebellen-Team.
Diese „Redaktionsrebellen“ wurden für uns als Betreiber:innen und Projektleitung zu einem verlässlichen, sachkompetenten, wohltuend kritischen und unglaublich unterstützenden Team an unserer Seite. Gemeinsam haben wir das Verwaltungsrebellen-Netz zu dem gemacht, was es nach einem Jahr war: Ein lebendiger Marktplatz mit rd. 800 Nutzer:innen.
Das Redaktionsrebellen-Team traf sich durchgängig alle 14 Tage freitags online für ca. eine ¾ Stunde, tauschte sich über Beobachtungen und Erfahrungen im Netz aus, beriet über die Gestaltung von Neuerungen, entschied über Aufnahmegesuche von Kolleg:innen, die nicht eindeutig in klassischen Verwaltungen arbeiteten, stimmmte Kommunikationsmaßnahmen und inhaltliche Beiträge ab..
Viele der Redaktionsrebellen moderierten aktiv im Netz mit und steuerten wertvollen Inhalt bei, griffen lose Fäden bei Fragen oder Diskussionen auf oder begrüßten Neuankömmlinge in der „Kaffeeküche“.
Neben der Tatsache, dass so Aufgaben für die Plattform auf mehr Schultern verteilt werden konnten, strahlte das aus unserer Sicht auch eine wichtige Botschaft aus: Sich um das Netz zu kümmern, ist keine alleinige Angelegenheit der Trägerinnen der Plattform.. Sondern das Netz ist etwas „von Kolleg:innen für Kolleg:innen“, ist Sache von vielen.
Solch eine Gruppe an der Seite zu haben, deren Mitglieder aus unterschiedlichen Ecken der Verwaltung stammen, dort ihr Ohr am Puls der Zeit haben, die Plattform aktiv mitgestalten und Resonanzgruppe und Sparringspartner:innen zugleich sind, dürfte für alle, die „hauptamtlich“ mit der Aufgabe „Social Intranet“ betraut sind, eine wichtige Stütze und „Blickerweiterung“ sein.
3. „Leben in die Bude bringen“: den Betrieb ankurbeln – zügig eine kritische Masse erreichen
Etwas zum Zeigen: Damit ein soziales Netzwerk attraktiv ist, muss dort „etwas passieren“, muss dort Nützliches zu finden sein. Deshalb braucht es sehr früh etwas zum Zeigen, nicht nur abstrakte Ziele. Wir haben beim Verwaltungsrebellen-Netz deshalb auf das „Muster-Wohnung-Prinzip“ gesetzt: Das Rebellenhaus wurde schnell schon mal ein wenig eingerichtet, damit wir nicht nur erzählen mussten, wie nett es später mal werden könnte.
Dafür haben sich einige engagierte Kolleg:innen als Pilotgruppe ins Zeug gelegt, neugierig und gelassen die ersten Erprobungen mitgemacht und vor allem schon einmal interessanten Content und die ersten Frage – Antworten – Pingpongs beigesteuert. Denn es ist der alltägliche Austausch in den Kommunikationskanälen, der ein Intranet zu einem lebendigen Social Intranet macht: Fragen stellen, Fragen beantworten, interessante „nebenbei aufgeschnappt“-Infos einspeisen. Kommunikationsfreudige Kolleg:innen sind hier gefragt, die nicht zu lang zögern, bevor sie etwas „in die Tasten hauen“.
Damit diese Aktivierungs-Arbeit nicht auf wenigen Schultern ruhen bleibt, lohnt es sich, Power in die Aufbauphase zu investieren, um bald eine kritische Masse zu erreichen – wenn also gilt:“Selbst wenn jede:r nur 1 x im Monat etwas schreibt und 1 x eine Frage beantwortet, ist immer etwas los.“
Und dafür ist auch richtige Werbung hilfreich.
Grundlage ist ein attraktiver Name – der sich gut sprechen lässt, mit dem man sich identifiziert. „Frag doch mal in unserem Social Intranet nach“ ist weniger prickelnd als „Frag doch mal bei WiLMA“ (so heißt das Münchner Social Intranet – der Name wurde von den Mitarbeiter:innen vorgeschlagen und ausgewählt)“ oder „Frag doch mal RuDi!“ (so heißt das Verwaltungsrebellen-Netz nun, seitdem der RVR Träger ist.)
Beim Verwaltungsrebellen-Netz hatten wir neben dem zugkräftigen Namen und einem knackigen Slogan („Schnelle Fragen – schnelle Antworten“) dank künstlerischer und erfrischend selbstironischer Talente aus Verwaltungen sehr rasch eine Plakat- und Postkartenserie erstellt (tribute to Tim Terhorst, Emmerich), die für Schmunzeln, Grinsen, Applaus, manchmal auch für Stirnrunzeln und Protest sorgte – über die aber vor allem: gesprochen wurde.
Ein anderer Verwaltungskollege erstellte ein temporeiches Youtube-Video „Das VR-Netz in 1 Minute“ (tribute to Andreas Ochs, Kreis Wesel).
Werbung war bei unserem verwaltungsübergreifenden Netz natürlich besonders wichtig, aber unterschätzen Sie den Faktor auch nicht, wenn Sie hausintern so richtig was ins Rollen bringen wollen. Ein Social Intranet, das müde ins Haus hineindümpelt, lockt nicht wirklich. Und ist der Ruf erst einmal ruiniert („da ist ja nix los“), haben Sie’s danach doppelt schwer.
Nutzen Sie hausinterne Veranstaltungen zur Werbung für Ihr Social Intranet, so wie wir regionale Konferenzen genutzt haben: knackig und plakativ, Hauptsache: neugierig machend.
Es lohnt sich, ein hohes Augenmerk auf die Usability zu legen – bei uns war dies ausgehend von den Nutzerinterviews die am höchsten priorisierte Anforderung. Doch auch bei einer gut handhabbaren Plattform ist nicht zu unterschätzen, wie ungewohnt und unübersichtlich sie auf Kolleg:innen wirken kann, die bisher wenig Berührungspunkte mit Vernetzungs- und Kooperationsplattformen hatten. Wer von dem Gefühl „ui, das ist aber komplex und unübersichtlich“ besetzt ist, traut sich kaum, aktiv etwas beizutragen und zu schreiben – aus Sorge, man könne etwas falsch machen, und dann sehen das gleich ganz viele …. Da hilft nur, es den Leuten leicht zu machen und über die Schwelle zu helfen: Wir haben dafür regelmäßig „Führungen durch’s Rebellenhaus“ angeboten (1 Std. online – anhand eines klaren Leitfadens, so dass wechselnd alle Redaktionsrebellen mal die „Hausführung“ übernehmen konnten), haben ein Hilfe-Wiki aufgebaut und regelmäßig Tipps der Woche in einen Chat-Kanal gepostet.
In Verwaltungen, die Digital-Lots:innen im Haus haben, könnten diese hier die Einführungsphase des Social Intranet vielleicht auch gut unterstützen und so die Digitalkompetenz der Kolleg:innen ausbauen helfen.
4. (Fast) nichts kommt „von allein“: Aktiv moderieren, Modell sein und andere gewinnen
Hier ist es hilfreich, sich noch einmal bewusst zu machen, was eine Vernetzungs-Plattform attraktiv macht (Zusammenstellung Initiative Verwaltungsrebellen [1])
Tja – und in all dem liegen eben auch zentrale Aufgaben für die Moderator:innen. Das alles muss Moderation nicht allein aufbauen, aber wer moderiert, prägt eben, ob das auch wirklich gemeinsamer „Stil des Hauses“ wird oder nicht.
Eine Vernetzungsplattform wie ein Social Intranet ist zunächst mal eine Plattform für soziale Begegnung und gegenseitige Unterstützung. Also: Eine Begegnung zwischen Kolleg:innen. So haben wir uns auch als Moderatorinnen verhalten. Wir fanden wichtig, als Personen greifbar zu sein und nicht distanziert als neutrale „Abteilung Admin & Support“ zu agieren: fröhlich gestimmt, mit Augenzwinkern oder Scherzen auf den tippenden Fingerspitzen. Immer freundlich-wertschätzend, aber wo nötig, auch mal klar Grenzen setzend. Damit waren wir zugleich Modell: „So wollen wir hier miteinander umgehen, auch wenn ein Thema kritisch ist“.
Was sind nun die Aufgaben der Moderator:innen konkret?
Hier mal unsere (nicht ganz vollständige) Liste, die wir für die Übergabe des Verwaltungsrebellen-Netzes an unsere Nachfolger:innen zusammengestellt hatten:
- Admin-Tätigkeiten (in Kooperation mit der IT)
- Neue im Netz begrüßen (wöchentlich)
- Anleitungen und Hilfen erstellen & pflegen, technische Neuerungen kommunizieren
- Einführungsveranstaltungen durchführen / organisieren
- Für das Netz werben
- Kommunikationskanäle beobachten: Wo nimmt Austausch ab, wo nimmt er zu? Braucht es neue Kanäle, neue Themen?
- „Lose Enden“ (wenn auf Fragen keine Antworten gekommen sind) aufgreifen und Antworten anregen
- Terminlisten betreuen (aktuell halten)
- Attraktive Neuigkeiten und Impulse einspeisen und dazu für Verwaltungen interessante Quellen (Newsletter, Blogs, Social Media, …) mitverfolgen
- Nicht unbedingt immer selbst reagieren, sondern manchmal besser andere bitten, sich in eine Diskussion einzuschalten
- Kontinuierlicher Verbesserungsprozess: beiläufige Rückmeldungen aufmerksam registrieren
Veränderungsnotwendigkeiten gemeinsam mit anderen beraten und planen/umsetzen - Von Zeit zu Zeit systematischere Evaluationen vornehmen und ggf. Veränderungen initiieren
- Arbeitsgruppen in der Startphase unterstützen
- …
Klar: Nicht alle diese Aufgaben fallen auch für ein Social Intranet an. Aber es gibt schon eine Menge zu tun – gar nicht immer nur vorne an der Bühnenkante. Sehr viel Moderationsarbeit ist „dafür sorgen, dass …“.
Es gibt keine Rezepte, wie oft und wie viel man als Moderator:in in ein Netz hineinschreibt. Wie viel man selbst beiträgt – oder eher die Energie darauf legt, andere zu gewinnen, sich zu beteiligen, um die Basis für den Austausch zu verbreitern.
Das Ohr am Puls der Zeit haben, viel beobachten, was entsteht oder auch was einschläft und dann überlegen, was hilfreich sein kann („Sense & Response“). Das kann „Ankurbeln“ sein, aber vielleicht auch gerade nicht.
Als wenige Wochen nach der bundesweiten Öffnung des Verwaltungsrebellennetzes nach Beginn des Kriegs gegen die Ukraine „Funkstille“ eintrat, waren wir natürlich in Sorge, was diese Flaute für das Netz bedeuten könnte. Statt die mit viel eigener Aktivität auszugleichen, haben wir uns damals entschieden, unsere Beobachtungen und auch unsere Sorge in einem kleinen Beitrag zu beschreiben, ebenso unsere Vermutung, dass jetzt alle Verwaltungen wirklich anderes zu tun haben. So war ausgesprochen, was gerade war. Wochen später nahm dann der Austausch wieder zu.
5. Ohne Moos nix los: Eine Kommunikations- und Kooperationsplattform braucht Ressourcen
Vermutlich ist es in unserem Beitrag bis hierher schon deutlich geworden: Eine Vernetzungsplattform aufzubauen und „am Laufen zu halten“, erfordert definierte Ressourcen. Ohne dass Ressourcen fest eingeplant sind – nicht nur zum Aufbau, sondern auch für den Dauerbetrieb – sollte man eine Vernetzungsplattform nicht starten: Weder eine verwaltungsübergreifende Vernetzungsplattform noch ein verwaltungsinternes Social Intranet.
Das betrifft nicht nur die Investition für die technische Basis, die Software. Sondern vor allem auch Investition für Betreuung und Moderation, die braucht es genauso. Und zwar eine, die auch richtig Zeit dafür eingeräumt bekommt. Dauerhaft. Denn wenn viele sich engagieren sollen, braucht es jemanden (oder eine kleine Gruppe), der:die das organisiert und den Rahmen pflegt. (So wie wir es in einem anderen Feld sehr gut wissen: „Ehrenamt braucht Hauptamt.“)
Es ist eine Illusion, Aufbau und Betrieb eines Social Intranet irgendwo „anzuhängen“. „Kann das nicht jemand mitmachen? Die Internet-Redaktion zum Beispiel?“ – auf diese oder eine ähnliche Frage gibt es nur eine Antwort: Nein.
Man muss nicht überall so viel Man-& Woman-Power bereitstellen wie in München (5 Kolleg:innen in der Aufbauzeit, 2 im Dauerbetrieb zzgl. dezentraler Betreuung) – aber es muss jemand „hauptberuflich“ tun. Am besten ein Tandem, damit kein Inselarbeitsplatz entsteht, dessen Funktionieren bei jeder Grippe gefährdet ist – also ggf. lieber zwei halbe Stellen als eine einzige.
Aber wenn man etwas investiert, lohnt es auch, wie Studienergebnisse von Hirschtec [2]zeigen:
In Social Intranets beteiligen sich mehr Kolleg:innen als in öffentlichen digitalen Netzwerken: Während man in öffentlichen Netzwerken beim Verhältnis von „Nur Lesenden“ zu „Beitragenden“ (Liken, Antworten, Kommentieren) zu „Produzierenden neuer Inhalte“ traditionell von ca. 90:9:1 ausgeht, verschiebt sich das Verhältnis in Social Intranets zu mehr aktiver Beteiligung, nämlich in Richtung 70:25:5 (allerdings mit größeren Unterschieden je nach Organisation).
Und was sich dadurch auch verändert:
- Kolleg:innen holen sich aktiv Informationen – statt abzuwarten, bis sie informiert werden oder sich zu beklagen, dass sie „die Informationen wieder mal erst aus der Presse …“;
- direkte informelle Kooperation von Kolleg:in zu Kolleg:in wird immer selbstverständlicher: „Wen kann ich jetzt fragen, um dieses Problem zu lösen?“ wird wichtiger als „Welche Abteilung ist zuständig …?“
- Hierarchie spielt eine immer geringere Rolle bei dieser Kommunikation quer durch die Verwaltung.
Ja – den „kleinen Dienstweg“ gab es in Verwaltungen immer schon, viele Probleme wurden so unkompliziert gelöst. Aber ein digitales Social Intranet eröffnet noch viel mehr „kleine Dienstwege“ – nicht mehr nur unter „den alten Hasen und Häsinnen“, sondern als Selbstverständlichkeit der Transparenz und schnellen, unkomplizierten Zusammenarbeit unter allen Kolleg:innen.
[1] basierend auf einer Grundlagenarbeit aus der Zeit, als wir die erste derartige Plattform aufgebaut haben: Herrmann, Dorothea & Markus Bick: Virtuelle Fachcommunity BELLA DONNAweb. in: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik, Heft 280, August 2011, S. 16 – 25
[2] nachzulesen z.B. hier: https://hirschtec.eu/hirschtec-analyse-nutzerverhalten-social-intranet/ oder hier: https://hirschtec.eu/interaktionsgrad-in-social-intranets/